Reisebericht Frühjahr 2020

….eigentlich wollten wir nur nach den Mädchen vom Grihini-Center in Assam schauen.

Grihini-Center nennt sich das Projekt, welches wir vor vier Jahren ins Leben gerufen haben, bei welchem wir benachteiligte Mädchen, von den Ehemännern oder Familien ausgestoßene und durch Gewalt und Missbrauch getroffene jungen Frauen helfen in ein geordnetes Leben zu finden. Die Fatima Schwestern helfen diesen Frauen die Grundbedürfnisse zu sichern und durch eine Ausbildung im Haushalt, Lesen und Schreiben lernen , verbessert sich hiermit deren Lebenschancen. Getragen werden die Kosten durch Spendengelder, welche wir immer wieder von großzügigen Spendern erhalten.

Als wir nach Northeast flogen wussten wir nicht, dass wir in einem der letzten Flugzeugen sitzen werden, welches nach Guwahati abhebt. Wir starteten, dank der Corona-Tests auf dem Flughafen in Trivandrum mit mehr als zwei Stunden in Richtung Guwahati. Zwischenlandung in Delhi und wir verpassten natürlich unseren Anschlussflug. Wir verbrachten die Nacht auf dem Flughafen und starteten dann morgens um 9 nach Guwahati.

Nochmals 2 Stunden mit dem Geländewagen zu den Fatima-Schwestern wo wir am späten Nachmittag in Rangia ankamen. Es gab eine herzliche Begrüßung mit indischen Tänzen und Darbietungen. Schließlich wollten wir noch den Weltfrauentag, vom Tag davor, nachfeiern. Leider kamen wir ja einen Tag zu spät. Gerade für die Frauen und Mädchen in Indien ist der Weltfrauentag natürlich sehr wichtig. Das Land, in welchem die Frauen doch tatsächlich noch eine „Nebensache“ sind.

 

Die jungen Frauen und Mädchen waren nach zwei Jahren mit ihrer Ausbildung im Grihni-Center fertig. Den Ausbildungsbericht werde ich in  mehreren Teilen in den kommenden Gemeindeblättern veröffentlichen.

Schon am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, da wir eine Menge arme Familien auf dem Land besuchen wollten. Wir fuhren also mit dem Geländewagen erst einmal weiter nach Baksa.Wir luden die Patenkinder des I.R., welche noch Familienmitglieder haben, in unseren Geländewagen -welcher eigentlich der dortige Ambulanzwagen ist- und fuhren betend und frohgelaunt los.

Hier hatte keiner Angst vor Corona. Was wir hier sahen, war viel schlimmer. Holzhütten, viel schlimmer und schlechter als unsere Hundehütten. Überall offen, so dass die Menschen in der Nacht Angst vor wilden Tieren und giftigen Schlangen haben müssen. Kein Wasser. Der Boden so trocken, dass nichts wachsen kann, um sich selbst zu versorgen. Und trotzdem freuten sich alle und waren dankbar. Dankbar dafür, dass der I.R. ihre Kinder aufnahm, diese somit versorgt waren und nicht auf der Straße ausgesetzt werden mussten, und ihre Kinder zur Schule gehen können und einmal eine Ausbildung haben werden.

Zwischendurch bereiteten wir den Kindern die größte Freue ihres Lebens. Wir stoppten an einem Straßenkiosk und bestellten für jedes Kind einen Tee und ein süßes Stückchen. Das kostete pro Kind 14 Cent!! Die Bilder und das Video werde ich in den kommenden Tagen auf unserer Internetseite veröffentlichen.

DasBoardinghouse in Baksa nennen wir auch liebevoll „Pijis kleine Farm“. Denn hier lebt die vom IR gekaufte Ziege Lilly, welche schon vier kleine Zicklein auf die Welt brachte. Die von uns gekaufte Kuh Minu hat im Spätsommer das Kälbchen Binu entbunden. Minu gibt am Tag ca. 10 Liter Milch. Sechs Liter behalten die Fatima Schwestern für die Kinder im Haus und der Rest wird verkauft. Das bringt im Jahr einen Erlös von ca. 500 €, welcher wieder für die Kinder verwendet werden kann. Binu wird in ca. 8 Wochen die erste Milch geben können. Diese Milch kann dann komplett verkauft werden. Die von uns -mit uns meine ich Indischer Regenbogen- gekauften Ferkel wiegen nun je 200 kg und stehen zum Verkauf an. Für jede Sau wird es ca. 300 € geben. Das ist richtig viel Geld.  Sie sehen auch unser „Landprojekt“ läuft richtig gut.

Wir haben das Geld für 5 Ziegen an Schwester Piji übergeben. Leider konnten wir wegen Corona-Gefahr diesmal nicht selbst auf den Markt. Auch haben wir umgerechnet 200 € für einen großen Kühlschrank für die Krankenstation übergeben. Bisher lagerten die Medikamente in der Hitze bei 30-40 Grad. Unsterile Nadeln werden immer wieder benutzt und dies wird unsere nächste Hilfsaktion sein. Dieses mal haben wir jede Menge Verbandmaterial mitgebracht.

Weiterhin bin ich auf der Suche, wie wir kostenlos Kleider nach Indien fliegen lassen können. In Northeast sind die Winter meist kälter als bei uns und den Menschen fehlen warme Kleider. Die Kleider hier zu bekommen, sind nicht das Problem. Hierfür gibt es genug Spender. Aber das Versenden ist so teuer. Wenn hier jemand eine Lösung kennt, wäre es toll, wenn er sich bei mir melden könnte.

Am Mittwoch morgen flogen wir dann weiter nach Agartala, Hauptstadt von Tripura , nur 2km von der Grenze zu Bangladesch entfernt.

Hier haben wir ein Boardinghouse mit fast 100 Kindern. Auf jedem Flughafen, auf welchem wir landeten, wurden wir Corona getestet und so hatten wir dann doch tatsächlich 6 erfolgreiche Tests am Ende durchgemacht.

Hier wurde morgens ein Mädchen von seiner Mutti einfach abgegeben. Kein Name, kein Geburtsdatum. Nur die Kleider, welche sie am Körper hatte. Sofort entschied ich mich dieses kleine Mädchen vom IR versorgen zu lassen. Bis ich einen Paten gefunden habe, wird Ria, so nennen wir sie nun, von meinem Mann und mir finanziert. Insgesamt wurden im letzten Monat hier 5 Kinder einfach abgegeben und der Indische Regenbogen wird sich um alle dieser 5 Kinder kümmern. Vielleicht kennen Sie jemanden, der eine Patenschaft übernehmen möchte.

Mit der letzten Maschine von Indigo flogen wir am Donnerstag morgen um 5 nach Kalkutta. Danach war Northeast gesperrt. Die Inder sagen „lock down“

Was wir hier erlebten, ist nicht zu fassen. Wir liefen die große Straße am Fluß Hugli – nein Kalkutta liegt nicht am Ganges sondern am Hugli!!-entlang, um zum Busbahnhof zu gelangen. Vor der Behausung aus verschiedenen schmutzigen und verlumpten Tüchern direkt an der Straße gebaut, stand ein sehr kleiner Junge. Höchsten drei Jahre, eher jünger. Er hatte nur ein zerrissenes rotes T-Shirt an. Wie wir Deutschen so schön sagen, stand er vor Dreck und die Nase lief. Ich hatte mir gerade ein paar Bananen zur Wegzehrung bei einer alten Dame am Straßenrand gekauft. Der Junge sah mich hungrig an. Er war ganz alleine und weit und breit war niemand zu sehen. Auch er war ausgesetzt.

Ich gab ihm drei Bananen ab. Und nun – er wohnt in dem Land in welchem die Bananen, Orangen, Ananas, Mangos, Papayas usw. wild  wachsen, konnte er diese Banane nicht öffnen.

Mir kamen die Tränen, ich öffnete ihm die Banane  und ganz leise sagte er „thank you“.

Wir werden alles versuchen uns auch um dieses Kind zu kümmern. Aber die indischen Gesetze sagen, dass -auch wenn wir wissen, dass diese Kinder ausgesetzt sind- sie erst von der Polizei geholt werden müssen, und dann über das Jugendamt zu den Fatima Schwestern gebracht werden können.

Natürlich haben wir auch die Omi mit den drei Enkelkindern in Baroto besucht, welchen wir im letzten Jahr den Erlös des Benefizkonzertes mit dem Polizeimusikkorps Karlsruhe zukommen liesen. Schwester Piji schreibt jede Rupie, welche sie für die Familie investiert korrekt auf uns wir können ganz genau verfolgen was für das Geld angeschafft wurde. Die Kinder sind glücklich, dass ihre Omi mit Ihnen in der Hütte wohnen kann und gehen alle drei zur Schule. Es konnte, wie auf dem Bild zu sehen ist, sogar eine Küche eingebaut werden.

Auch gibt es eine wunderschöne Nachricht vom ersten Patenkind -Allister in Virar- beim Indischen Regenbogen. Wegen der Corona-Krise sind alle Schulen und Universitäten schon seit 1.März in Indien geschlossen. Das heißt die Examen fallen alle aus und im Juni beginnt das neue Schuljahr ohne Zeugnis vom vorhergehenden Schuljahr. Somit ist Allister nun im Abiturs Jahrgang. Bisher hat er alle Schuljahre mit Bestnoten abgeschlossen und wir freuen uns für ihn. Es ist ein Zeichen, dass der Indische Regenbogen ein wirklicher Hoffnungsträger für benachteiligte Kinder ist und diese somit einen Zugang zu beruflichen Möglichkeiten haben. Allister hatten wir bei seinem sterbenden Vater sitzend, aufgefunden und ihn dann in ein Boardinghouse der Fatima Schwestern aufnehmen können. Seine junge Mutter konnten wir als Hausmädchen in einem weiteren Fatima Haus einstellen. Somit hatten wir beide versorgt.

Von Kalkutta flogen wir nach Delhi, wo wir auch noch einmal Corona getestet wurden, und dann weiter nach Frankfurt.

Hier konnten wir das Flugzeug und den Flughafen ohne jegliche Kontrolle verlassen.